Karl H. Ditze Stiftung

 



Karl H. Ditze
Karitas - die Fürsorge für andere - war für Karl H. Ditze Zeit seines Lebens ein wichtiges Anliegen. Als Unternehmer und Hamburger Bürger hatte er stets nicht nur die unternehmerische, sondern auch die "soziale Wertschöpfung" im Auge. Bei der Gründung seiner Stiftung 1979 entschloss er sich schließlich, einen Teil des Stiftungsvermögens sozialen und gemeinnützigen Zwecken zu widmen und leistete dadurch einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Bürgergesellschaft. Er war der Auffassung, dass ein weitsichtiger Unternehmer nicht nur die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern habe und ihr berufliches Fortkommen fördern solle, sondern daneben auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen müsse. Der von ihm festgelegte Stiftungszweck vereint Kaufmannschaft, Kunst, Kultur und Karitas sowie die Förderung anwendungsbezogener Wissenschaften - eine Mischung, in der sich die geschäftlichen und persönlichen Intentionen des Stifters widerspiegeln.


Noch vierzehn Jahre lang, bis zu seinem Tod, prägte Karl H. Ditze als Vorsitzender die Vorstandsarbeit. Dabei legte er stets großen Wert darauf, sich mit seinen Vorstandskollegen eingehend zu beraten. Doch mit seiner Stiftung wollte Karl H. Ditze nicht nur Geld verteilen und Gutes tun. Er wollte auch das fördern, was seiner Firma, der rotring werke Riepe KG, und seinem Land nützlich sein würde. Als polyglotter Mann mit weltweiten Geschäftsbeziehungen wusste er, dass man im internationalen Wettbewerb nur durch Leistung und Innovationen bestehen kann. Daher lag es ihm am Herzen, Ausbildungsgänge, insbesondere in den Hochschulen, und dort vornehmlich im Ingenieurwesen, finanziell zu unterstützen.
1906 als Sohn eines Fabrikanten in Hamburg geboren, legte Karl H. Ditze auf dem renommierten Kirchenpauer Realgymnasium den Grundstein für seine Fremdsprachen- und Geschichtskenntnisse sowie sein ausgeprägtes Allgemeinwissen. Nach bestandenem Abitur schlug er den Weg eines ordentlichen Hamburger Kaufmanns ein und absolvierte zu diesem Zweck eine Lehre in einem angesehenen Hamburger Exporthaus. Im Alter von 22 Jahren begab er sich zum ersten Mal für längere Zeit in fremdes Fahrwasser.
Begeistert von einem zweijährigen Volontariat bei der Generalagentur der Deutschen Afrika-Linie in Durban (Südafrika), kehrte er nur kurz nach Deutschland zurück, um dann als Faktorei-Leiter nach Fernando Poo (heutiges Äquatorialguinea) zu wechseln - auf eine Kakao-Plantage mit über 3.000 Arbeitskräften. Diese ersten Auslandsaufenthalte prägten sein Leben. Fernab von Alster und Elbe nahm der unternehmenslustige junge Mann nicht nur die Gelegenheit wahr, seine Sprachkenntnisse zu vertiefen und kaufmännische Berufserfahrung zu sammeln, sondern er lernte früh den Umgang mit Menschen aus fremden Kulturkreisen und Verhältnissen kennen und schätzen.
In den dreißiger Jahren war Karl H. Ditze als Prokurist für ein internationales Exportunternehmen tätig. Er lebte in dieser Zeit in verschiedenen Ländern auf drei Kontinenten und genoss es, Land und Leute für sich zu entdecken. Der Ausbruch des Krieges war es, der ihn schließlich zwang, gemeinsam mit seiner Frau Vera, die er 1939 in London geheiratet hatte, nach Deutschland zurückzukehren.
Während seine Familie aufgrund der jüdischen Glaubenszugehörigkeit seiner Mutter von den Nationalsozialisten nicht verschont blieb, bewahrten ihn seine langjährigen Aufenthalte im neutralen Ausland und sein glücklicheres Geschick vor Schlimmerem. Noch im gleichen Jahr begegnete er in Hamburg mehr zufällig Wilhelm Riepe und Erich Barthe, den damals geschäftsführenden Gesellschaftern des Riepe-Werks, einer mittelständischen Tintenkuli-Fabrik in Hamburg-Altona. Diese Begegnung sollte gleichermaßen für den weiteren Verlauf seines Lebens als auch für die Entwicklung der Firma wegweisend sein. Riepe und Barthe schätzten sich glücklich, ihn schon kurze Zeit später als leitenden Mitarbeiter für ihre Firma gewinnen zu können.

Karl H. Ditzes berufliche Laufbahn hätte wohl kaum erfolgreicher sein können. Mit viel unternehmerischem Geschick erwirkte er in seiner Funktion als Geschäftsführer, dass das Riepe-Werk bereits unmittelbar nach dem Krieg wieder produzieren durfte. Er bewegte die britische Besatzungsmacht nicht nur dazu, die hierfür erforderliche Genehmigung zu erteilen, sondern gewann sie gleichzeitig als Kunde. In den Folgejahren legte er gemeinsam mit Riepe und Barthe den Grundstein für die Erfolgsgeschichte des Unternehmens. Aufgrund seiner überaus erfolgreichen Mitarbeit und seines Engagements wurde Karl H. Ditze 1958 zum persönlich haftenden Gesellschafter bestellt. Mitten in dieser Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs trafen ihn die wohl schmerzlichsten Verluste seines Lebens. 1959 verstarb nicht nur sein Freund und Partner Erich Barthe, sondern auch seine geliebte Frau Vera, mit der er zwanzig glückliche Ehejahre verlebt hatte.
Dass die einst unbedeutende Tintenkuli-Fabrik binnen weniger Jahre zur Rotringwerke Riepe KG, einer weltweit führenden und international agierenden Unternehmensgruppe, geworden war, war zu großen Teilen sein Verdienst. Generationen von Konstrukteuren, technischen Zeichnern und Graphikern erlernten und pflegten ihre Kunst ab Mitte der fünfziger Jahre mit Hilfe des "rapidograph", dem bekanntesten Schreibgerät aus dem Hause rotring.

Anfang der siebziger Jahre gelang es dann Karl H. Ditze gemeinsam mit der Pelikan ag, einen Konkurrenzkampf um den Erwerb der amerikanischen Red-Cedar-Gruppe (ein Firmenverbund, der primär Bleistifte und sogar Kosmetikstifte herstellte) für sich zu entscheiden. rotring expandierte, gründete mehrere Niederlassungen im europäischen Ausland. Nicht zuletzt auf Karl H. Ditzes Initiative hin entstand wenig später in Nordamerika die renommierte Koh-I-Noor Rapidograph Incorporated. Sie wurde später zu einer hundertprozentigen rotring-Tochter und belieferte unter anderem die Weltraumbehörde NASA mit dem inzwischen weltweit genutzten "rapidograph" und anderem Schreibgerät. Karl H. Ditze galt als weltgewandter, in vielen Gremien hoch geschätzter Geschäftsmann alter Prägung. Unter anderem bekleidete er siebzehn Jahre lang den Posten des Vorsitzenden des Industrieverbandes Schreib- und Zeichengeräte e.V. und wurde 1985 zu dessen Ehrenvorsitzenden ernannt.
Sein bedeutendstes und bleibendes Lebenswerk schuf Karl H. Ditze jedoch nicht als Unternehmer, sondern als Privatmann. Seiner inneren Überzeugung und guter Hamburger Bürgertradition folgend, rief er noch zu Lebzeiten eine Stiftung ins Leben - eine Stiftung, die nicht nur seinen Namen, sondern auch für alle Zeiten seine Handschrift trägt. Mehr als ein Jahrzehnt war er ihr Vorsitzender und verlieh der Stiftung in dieser Zeit ihr eigenes Profil, das den Geist des Stifters in sich trägt.
Karl H. Ditze wurde für sein unternehmerisches wie auch soziales und gesellschaftliches Engagement mit zahlreichen hohen Ehrungen bedacht - Zeichen des Dankes und der Anerkennung für das großartige Lebenswerk eines bescheidenen Mannes. So war er unter anderem Träger des Verdienstkreuzes Erster Klasse sowie des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Ferner überreichte ihm der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg die seltene Ehrengabe des handgeschlagenen silbernen "Ritzebütteler Portugaleser", über den sich Karl H. Ditze in besonderem Maße freute. Die von seiner Stiftung geförderte Fachhochschule Hamburg (heute: Hochschule für Angewandte Wissenschaften) schätzte sich glücklich, ihn darüber hinaus zum Ehrensenator ihrer Hochschule ernennen zu dürfen. 

Unmittelbar vor seinem Tod war es ihm vergönnt, sich noch einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen: eine Reise zum "Sechsten Kontinent". Karl H. Ditze verstarb am 9. Januar 1993 an Bord der "Frontier Spirit" auf einer Kreuzfahrt in die Antarktis. Seiner Nachwelt vermachte er mit seiner Stiftung ein bleibendes Erbe, das weit mehr umfasst als ein beträchtliches finanzielles Vermögen. Karl H. Ditze hat Spuren hinterlassen - in den Herzen derjenigen, die ihn persönlich kannten sowie derjenigen, die von seiner Großzügigkeit profitierten bzw. zukünftig noch profitieren werden. Die zwölf bedeutendsten Gemälde seiner umfangreichen Kunstsammlung gingen, so war es sein letzter Wille, in den Besitz der Hamburger Kunsthalle über. Sein Gesamtvermögen übertrug er der Karl H. Ditze Stiftung und machte sie auf diese Weise zu einer der großen Hamburger Stiftungen.